von PHILIPP KLEINER
Seit Mitte April dieses Jahres sind Studierende der Rechts- und Politikwissenschaften im Rahmen des HanseEssays dazu aufgerufen, die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Bürgerrechte in unserem Land essayistisch zu behandeln. Das Hamburgische Verfassungsgericht richtet in diesem Jahr die zweite Auflage seines Essaywettbewerbs zur Verfassungszukunft aus. Einsendeschluss ist der 21. August 2021. Sofern die Pandemie es erlaubt, wird eine Abschlussveranstaltung im Hamburger Rathaus im Oktober den feierlichen Rahmen für die Preisverleihung und eine inhaltliche Diskussion bilden.
Falls es überhaupt noch eines Anstoßes bedurfte, um Gehalt und Abwägungsmaßstäbe unserer Grundrechte in den Mittelpunkt des öffentlichen Diskurses zu rücken, so hat die Covid-19-Pandemie dies erreicht. Wie schwierig es für Politiker, ganze Parlamente, Gerichte und nicht zuletzt die mediale Öffentlichkeit ist, grundrechtssensible Abwägungen in Zeiten akuter Gefahren für Gesundheit und Leben der Bevölkerung vorzunehmen und zu kommunizieren, führt uns die Bekämpfung der Pandemie eindrucksvoll vor Augen. Dabei treffen genuin juristische Problemstellungen nicht nur auf politische Grundsatzentscheidungen zur Konzeption unseres Staatswesens, sondern auch auf schwierige ethische Erwägungen. Bereiche mit bislang nur wenigen Berührungspunkten, wie etwa der Datenschutz einerseits und der Infektionsschutz andererseits, stoßen plötzlich aufeinander und sind Gegenstand emotional geführter Diskussionen. Der Umgang mit Corona-Leugnern auf der Straße und die Rolle der Wissenschaft in der Politik stellen uns vor gesellschaftliche Herausforderungen. Mit Voranschreiten der Pandemie kommen unbequeme Fragen etwa zur Wiedererlangung persönlicher Freiheiten hinzu. Es ist diese komplexe Situation, die danach verlangt, interessierte junge Köpfe aus den Rechts- und Politikwissenschaften an der Debatte um die Bürgerrechte in und nach der Pandemie teilhaben zu lassen. Dramatik und Charme zugleich erhält diese Thematik, weil alle Essayistinnen und Essayisten, Jurorinnen und Juroren von ihr in den eigenen Lebenswelten selbst betroffen sind.
Der HanseEssay ist neben dem HanseMoot, der zuletzt im Jahr 2019 stattfand, der zweite verfassungsrechtliche Wettbewerb des Hamburgischen Verfassungsgerichts. Zusammen mit der Bucerius Law School und der Universität Hamburg, Fakultät für Rechtswissenschaft, sollen die Institutionen des Verfassungslebens in die öffentliche Wahrnehmung gerückt und Studierende für die Bedeutung des Verfassungsrechts begeistert werden. Die Präsidentin des Hamburgischen Verfassungsgerichts, Birgit Voßkühler, sowie Prof. Dr. Jörn Axel Kämmerer und Prof. Dr. Markus Kotzur sind federführend an diesem Projekt beteiligt. Zum zweiten Mal ist die Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft, Carola Veit, Schirmherrin des HanseEssays.
Der HanseEssay richtet sich an Studierende der Rechts- und Politikwissenschaften aller Semester. Bis zum 21. August haben sie Zeit, in einem Essay von nicht mehr als 20.000 Zeichen ihre Gedanken zu den Bürgerrechten in und nach der Pandemie zu Papier zu bringen. Im Anschluss werden ihre Texte von renommierten Jurorinnen und Juroren aus der Rechts- und Politikwissenschaft begutachtet. Herausragende Essays werden auf der Website des HanseEssays, die besten drei voraussichtlich sogar im Einspruch-Magazin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung veröffentlicht. Das war auch bei der Erstauflage im Jahr 2019 schon der Fall. Der Hamburgische Anwaltverein und der Hamburgische Notarverein als weitere Partner des HanseEssays stiften ebenfalls Preise für die besten drei Essays. Den feierlichen Rahmen für die Preisverleihung bildet am 25. Oktober 2021 die Abschlussveranstaltung im Hamburger Rathaus – und bestätigt damit en passant die Regel, die im freiheitlich demokratischen Rechtsstaat nicht zur Disposition stehen darf: Flaut das Pandemiegeschehen nachhaltig ab, gewinnen wir unsere Freiheitsrechte zurück.
Zitiervorschlag: Philipp Kleiner, Bürgerrechte in und nach der Pandemie – der verfassungsrechtliche Essaywettbewerb „HanseEssay“, JuWissBlog Nr. 48/2021 v. 11.05.2021, https://www.juwiss.de/48-2021/.
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